Ende September 2017 hatten mein Freund Alessandro und ich die Gelegenheit, die Drau im Osttiroler Hochpustertal bei Sillian zu befischen. Um einen möglichst vielseitigen Eindruck über das Gewässer zu bekommen, habe ich konsequent mit der Trockenfliege gefischt, während Alessandro mit der Nymphe im European-Nymphing-Stil unterwegs war.
In diesem Beitrag erfährst du kurz und kompakt das Wichtigste übers Fliegenfischen an der Kleinen Drau. Dank der zahlreichen Fotos und kurzen Videoausschnitte solltest du dir einen guten Eindruck vom Revier machen können. Keine Zeit zu lesen? Am Ende des Beitrages findest du den Infokasten mit allen relevanten Infos auf einem Blick!
1. Ein paar allgemeine Infos
Das Osttiroler Hochpustertal bei Sillian gehört mit seinen Nebentälern, wie dem urigen Villgratental, zweifelsfrei zu den schöneren und noch unberührteren Gegenden des Alpenraums. Somit eignet sich die Gegend auch, um mit deiner Familie ein paar entspannte Tage in einer großartigen Natur zu verbringen.
Das Fischereirecht an der Drau ist rund 5,5 km lang und gehört der Marktgemeinde Sillian - ist also in öffentlicher Hand - und wird seit Jahrzehnten mit Leidenschaft nachhaltig von Herrn Anton Calovi bewirtschaftet.
Dank des Verzichtes auf unsinnige Besatzmaßnahmen mit - durch die Zucht verwöhnte - "Hausfischen", der limitierten Kartenausgabe (max. 5 je Tag) und wohl auch wegen des praktizierten Catch & Release, verfügt die Drau (auch Kleine Drau genannt) über einen sehr guten Bestand an wilden, kampfstarken Salmoniden, vor allem Regenbogenforellen, Äschen, Bachforellen und Bachsaiblingen. Trotz der hohen Lage (1.103 m Meereshöhe) sind Regenbogenforellen und Äschen über 40 cm keine Seltenheit.
Der mittlere Teil der Drau im Frühherbst bei Normalwasser
Kampfstarke wilde Regenbogenforelle, überlistet mit einer schwarzen buschigen Suchfliege (Trockenfliege)
2. Das Revier
Das Revier untereilt sich grob gesagt in zwei Abschnitte.
2.1 Der obere Abschnitt - wild und reißend
Der obere Teil, von der Grenze zu Südtirol aus startend, ist knapp 2 km lang und durch schnelles, abschnittsweise reißendes Wildwasser und eine unberührte Natur geprägt. Wegen der schnellen Strömung und der relativ großen Wassermenge sind hier Suchfliegen (Trockenfliegen) sowie schwere Nymphen (nicht unbedingt große) die erste Wahl.
Die schnelle und wilde Drau im oberen Bereich des Reviers ist für Anfänger nicht wirklich zu empfehlen
Hier gibt's einige kurze Eindrücke von den wilderen Passagen der Drau im oberen Abschnitt des Reviers (Video)
2.2 Der untere Abschnitt - fast wie ein Wiesenbach
Der längere untere Abschnitt ist über 3 km lang und hat, trotz seines geradlinigen Verlaufs, eher den Charakter eines (schnellfließenden) Wiesenbaches mit unterspülten Ufern. In diesem Teil der Drau fließt aufgrund einer Ableitung weniger Wasser als im oberen Bereich - trotzdem sind die Habitats-Eigenschaften für Salmoniden, besonders für Äschen und Regenbogenforellen ausgezeichnet: kiesiger Untergrund, eine ordentlichen Gewässertiefe (0,5 bis 1 Meter im Schnitt), gute Unterstände durch unterspülte Ufer, schnelle Züge sowie zahlreiche Kehrwasser im Uferbereich.
Im unteren Bereich führt die Drau weniger Wasser und erinnert - trotz des geraden Verlaufs - an einen schnell fließenden Wiesenbach
In diesem unteren Abschnitt der Drau verläuft auf der orografisch linken Seite ein im Sommer viel frequentierter Radweg. Scheue Fliegenfischer finden trotzdem Bachabschnitte, die weniger einsehbar sind. Mich selbst stören Radfahrer überhaupt nicht - im Gegenteil - ich nütze die Gelegenheit oft, um Radfahrer, die mich z.B. beim Drill interessiert beobachten, über die Einzigartigkeit unserer Gewässerökosysteme aufzuklären.
Auf dem Radweg links im Bild ist im Sommer eine Menge los - aber keine Bange, es gibt auch weniger einsehbare Bachabschnitte
Mir gefällt der untere Abschnitt besser als der obere, da er für die Trockenfliege (Suchfliege) besser geeignet ist und mich die Ähnlichkeit mit einem Wiesenbach sehr reizt.
Bilder oben: Mit der Suchfliege (Jagdfliege) überlistete kleine Bachforelle und kleiner Bachsaibling
Zum selben Revier gehört auch der knapp 1 ha große Arnbacher See/Teich, eingebettet in einen Mischwald, im oberen Bereich der Drau gelegen, nahe der Grenze zu Südtirol. See-Fliegenfischer, die die Ruhe lieben, kommen hier voll auf ihre Rechnung. Besonders der Bereich um den Einlauf eines Seitenarmes der Drau gehört zu den hotspots des Sees. Kampfstarke Regenbogenforellen und Bachsaiblinge warten darauf, mit der Trockenfliege und Nymphe überlistet zu werden. Aufgrund des dichten Uferbewuchses sind Wathosen ein Muss - auch das Fischen mit dem Belly Boot ist gestattet und sehr reizvoll. Achtung, vorsichtiges Heranpirschen ist essentiell, um die scheuen Räuber überlisten zu können.
Der von Mischwald umgebene See liegt in ruhiger Lage und beherbergt kampfstarke Regenbogenforellen, Bachforellen und wunderschön gezeichnete Bachsaiblinge
Tolle wilde Bachforelle aus dem Arnbacher See
Obwohl das Revier der Marktgemeinde Sillian nicht riesig ist, bietet es mit dem oberen und unteren Abschnitt der Kleinen Drau (Gewässerbreite 4-7 Meter) sowie dem dazugehörigen See durchaus spannende Möglichkeiten zum Fliegenfischen und somit auch Abwechslung genug, um hier einige wunderbare Tage beim Fischen verbringen zu können.
Alessandro beim Fachsimpeln mit dem sehr zuvorkommenden Bewirtschafter Anton Calovi am Ufer der Kleinen Drau
3. Hochwasserschutzbauten und Revitalisierung der Drau
Aufgrund der kritischen Hochwassersituation im Jahr 1998 hat die Marktgemeinde Sillian beschlossen, die latente Hochwassergefährdung der Drau durch die künstliche und gewollte Eintiefung der Gewässersohle der Drau (bis zu 1 Meter) über eine Strecke von rund 3,7 km dauerhaft zu beseitigen. Im Zuge dieser umfangreichen Erdbewegungsarbeiten, die im Jahr 2016 begonnen wurden (beginnend an der unteren Reviergrenze beim Zusammenfluss der Drau mit dem Villgrater Bach) und die bis zum Jahr 2020 andauern werden, wird das Bachbett komplett neugestaltet und hydromorphologisch verbessert.
Bis heute (April 2018) sind die Arbeiten auf rund 1 km abgeschlossen. Laut Anton Calovi, der den Baufortschritt genaustens verfolgt, werden die neugestalteten Bereiche von den Fischen gut angenommen. Um genaueres über den aktuellen Stand des Baufortschrittes sowie eventuelle Beeinträchtigungen der Fischerei zu erfahren, empfehle ich direkt Herrn Calovi zu kontaktieren (Kontaktdaten unten im Infokasten).
Im Bild ist ein bereits eingetiefter und neu gestalteter Teilabschnitt der Drau zu sehen
4. Taktik, Technik und Ausrüstung
Wie gesagt haben Alessandro und ich die Drau im Frühherbst 2017 bei normalem Wasserstand befischt.
4.1 Mit der Trockenfliege
In relativ kleinen Gewässern wie der Drau bevorzuge ich das leichte Trockenfliegenfischen (auch wenn die Fische gerade nicht auf Anflugnahrung steigen) mit einer schnellen und progressiven 7'6er Fliegenrute der Schnurklasse # 3 (DT Schwimmschnur) sowie einem langen Vorfach (4-5 m lang). Dieses lange Vorfach erlaubt ein möglichst langes natürliches Abdriften der Trockenfliege, ohne zu dreggen (oder ein möglichst langes natürliches Verweilen der Fliege in Gewässerabschnitten ohne Strömung). Ein komplettes Strecken dieses langen Vorfachs ist vor allem bei voluminösen Fliegen nicht ganz einfach, das ist aber auch nicht erwünscht! Im Gegenteil, das lange Vorfach wird eher lose in einem "Haufen" abgelegt denn gestreckt - nur so kann es als Puffer gegen das Dreggen der Fliegenschnur dienen.
Außer während eines Massenschlupfes (an besagtem Tag war aber praktisch keine Oberflächenaktivität von Insekten oder Fischen zu beobachten) ist die Wahl der Trockenfliege in der Drau prinzipiell zweitrangig. Wichtig ist lediglich, dass die Fliege ausgezeichnet schwimmt, relativ groß und buschig und somit gut sichtbar ist (sowohl für den Fisch als auch für uns). Suchfliegen aller Art eignen sich bestens (Rehhaar-Fliegen usw.).
Bilder oben: zwei fängige Suchfliegen, die Köcherfliegen imitieren (BAL156 und SFL106 - voluminös, schwimmen gut und sind gut sichtbar)
Als Technik empfehle ich das Trockenfliegenfischen mit der Suchfliege, auch Jagdfliege genannt. D.h. man bewegt sich stromaufwärts und serviert die Fliege "blind" an Stellen im Gewässer, die einem vielversprechend vorkommen - und versucht unsere flossentragenden Freunde durch den servierten großen "Happen" zum Steigen zu bewegen.
In der Hauptströmung hatte ich mit dieser Technik über eine Stunde lang keinen Erfolg - meine Trockenfliege wurde ausnahmslos ignoriert. Als ich dann aber begonnen habe, die Kehrwasserbereiche, die sich in Ufernähe hinter großen versenkten Steinen oder anderen Strömungshindernissen bilden, zu befischen, hat sich das Blatt gewendet. Beinahe in jedem der vielen Kehrwasserbereiche - auch noch so tief (teilweise gut über 1 m) - haben 1-2 Fische meine Fliege wild und ziemlich ungestüm genommen (vor allem Regenbogenforellen, aber auch ab und zu Bachforellen und Äschen). Am Ende des Tages dürfte ich rund 40-50 Flossenträger überlistet haben, wobei der größte eine Regenbogenforelle mit rund 40-42 cm war.
Hier bekommst du einen Eindruck von der Gewässerstruktur (Kehrwasser und unterspülte Ufer) im untern Abschnitt des Reviers (Video)
Vorsichtiges Waten am Ufer erleichtert das Befischen aller relevanten Gewässerabschnitte - sowohl mit der Trockenfliege als auch mit der Nymphe
Zusammenfassend für das Fliegenfischen mit der Trockenfliege kann ich sagen, dass die Suchfliege mit langem Vorfach eine sehr effiziente und spannende Art ist, Salmoniden aller Art an der Drau zu überlisten, auch wenn gerade kein offensichtlicher Schlupf von Insekten stattfindet. Ein Wathose empfehle ich dringend, da das Fischen vom Ufer aus wegen der hohen Gräser mit einer kurzen Rute nur sehr beschränkt möglich ist (zumindest des eigenen Ufers).
Bilder oben: typisches Kehrwasser bzw. Ruhebereich (links) und unterspültes Ufer mit langem Bewuchs (Gräser) im unteren Abschnitt der Drau
4.2 Mit der beschwerten Nymphe
Alessandro bevorzugt das European Nymphing und war mit dieser Technik noch einen Tick erfolgreicher als ich (mit der Trockenfliege). Diese Art zu fischen erlaubt es, den Gewässergrund systematisch abzufischen, auch in Bereichen mit starker Strömung. Bei dieser Fliegenfischertechnik ist die richtige Ausrüstung ein Muss, um erfolgreich zu sein.
Alessandro überlistet eine kleine Regenbogenforelle mit einer Perdigon-Nymphe im European-Nymphing-Stil im oberen Abschnitt des Reviers (Video)
Am besten eignet sich eine relativ lange und sehr sensible Fliegenrute (10' # 2/3) in Kombination mit einem langen Vorfach (mit Monofil-Sichthilfe). In der richtigen Tiefe geführt, fangen kleine aber relativ schwere Nymphen wie Perdigones oder Jig-Off-Nymphen auch skeptische oder wenig aktive Forellen und Äschen. PS. Auch Alessandro hat sich lieber im Bach watend als vom Ufer aus vorgearbeitet (stromaufwärts), trotz langer Rute.
Alessandro beim European Nymphing im oberen Abschnitt der Kleinen Drau (Video)
INFOKASTEN KLEINE DRAU:
Bewertung: 1/5 = mies, 5/5 = spitze
- Land: Osttirol (A)
- Ort: Sillian (1.103 m Meereshöhe)
- Gewässer: Drau
- Schönheit Landschaft: 4/5
- Hotelangebot: 3/5
- Touristisches Angebot: 3/5 (für die Natur gibt’s 5/5)
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Revierlänge: ca. 5,5 km
- Oberer Bereich (naturnah, Wildwassercharakter), ca. 2 km
- Unterer Bereich (neben Radweg, am Rand des Siedlungsgebietes, ähnlich Wiesenbach), ca. 3,5 km
- See (ruhige Lage eingebettet in Mischwald), ca. 1 ha
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Preis Tageskarte:
- 1 Tag 40 €
- 2 Tage 80 €
- 3 Tage 105 €
- Max. 5 Tageskarten je Tag
- Fliegenfischersaison: 1. Mai bis 31. Oktober
- Kontakt Bewirtschafter:
- Anton Calovi
- Tel. +43 (0)664 477 2933
- [email protected]
- Nur Fliegenfischen: ja
- Catch & Release: ja
- Fliegenfischen ohne Widerhaken: ja
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Beste Techniken:
- Nymphe (50 %)
- Trockenfliege (40%)
- Streamer (10 %)
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Zielfische:
- Regenbogenforelle (50 %)
- Bachforelle (20 %)
- Äsche (20 %)
- Bachsaibling (10%)
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Schwierigkeitsgrad:
- Oberer Bereich: mittel
- Unterer Bereich: leicht bis mittel, je nach Abschnitt
- Erreichbarkeit Ort: 4/5
- Zugänglichkeit Gewässer: 5/5
- Wildfischbestand: 5/5
- Gesamtnote (Kategorie Kleingewässer): 4/5
Ein Überblick über das rund 5,5 km lange Revier der Kleinen Drau von der Grenze zu Südtirol bis zum Zusammenfluss mit dem Villgrater Bach